Wie stellt sich die Situation im Alltag von Kostümbildnern dar?
Monika Hinz setzt sich als Verbandsvorständin beim Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild e.V. (VSK) intensiv mit Nachhaltigkeit im Kostümbild auseinander.
Monika Hinz arbeitet seit 1990 als Kostümbildnerin für zeitgenössische und historische Produktionen. Für das Kostümbild des historischen Dreiteilers „Die Wölfe“ erhielt sie den deutschen Fernsehpreis. Für ihre Arbeit zur Serie „Weissensee“ wurde sie von der Deutschen Akademie für Fernsehen mit einem Preis für Staffel III ausgezeichnet, für Staffel IV nominiert.
Ist Nachhaltigkeit im Kostümbild im Arbeitsalltag bereits ein Thema?
Monika Hinz: Jeder Kostümbildner ist durch seinen Arbeitsalltag des Einkaufens mit der immensen Flut von Bekleidung in unserer Welt konfrontiert - und mit der Tatsache der ständig wechselnden Kollektionen der großen Bekleidungsketten. Nun wissen wir inzwischen wie hoch der Preis ist, den wir alle weltweit dafür zahlen. So ist es ganz klar, dass wir Kostümbildner uns intensiv mit den Problemen der Herstellung, Transport und Entsorgung von Kleidung beschäftigen. Nachhaltigkeit ist als Thema - gottseidank- ganz oben auf unser aller Agenda angelangt.
Und wie sieht es bei den Produktionen in der Praxis aus?
Monika Hinz: Enge Budgets und wenig Vorbereitungszeit lassen Wunsch und Realität auseinanderklaffen.
"Man sollte wieder dazu übergehen, einem Mood, einem Entwurf zu vertrauen."
Sie haben angesprochen, dass eine Crux dieses Themas die Bereitstellung einer möglichst großen Auswahl an Kostümen ist. Wie haben sich die Erwartungen an das Kostümbild verändert?
Monika Hinz: Anproben finden heutzutage meist ohne die Anwesenheit der Entscheider statt. Fotos der Anproben werden dann an Regie, Produktion und Redaktion verschickt. Möglichst auf Anhieb soll eine Filmfigur gestaltet werden. Der oder die Darsteller/in reist kurz vor Dreh an und um viele Möglichkeiten anzubieten, wird oft eine enorme Auswahl bereitgestellt, online bestellt oder zur Auswahl mitgenommen. Leider wissen wir alle inzwischen, dass online bestellte Ware bei Rücksendung vernichtet wird. Ein inakzeptables Vorgehen, dem nicht nur der Gesetzgeber ein Ende bereiten will.
Ich persönlich finde, dass man wieder dazu übergehen sollte, einem Mood, einem Entwurf zu vertrauen, sodass die Kostümprobe nicht (wie leider oft bei Werbung erfahren) in einer überzogenen Materialschlacht endet. Leider stellen Agenturen auch oft nur dürftige, oder ungenaue Maßtabellen der Darsteller zur Verfügung. Diese Erfahrung bringt uns auch dazu, aus Sicherheit noch mehr Größenauswahl bereitzustellen.
Wird sich Nachhaltigkeit im Kostümbild merklich auf das Budget auswirken?
Monika Hinz: Ein wirklich nachhaltig hergestelltes Kleidungsstück, das dazu noch fair gehandelt wird, hat seinen Preis. Die Budgets sind bisher so bemessen, dass es sehr schwer wäre auf „Bio“ zurückzugreifen. Das Angebot an nachhaltiger Kleidung deckt auch von der Mode-Range leider noch nicht das ab, was ein Kostümbildner zur Gestaltung braucht. Ich persönlich fände eine Unterstützung gut, in die Richtung „Green Costume“, die uns finanziell hilft, nachhaltige Kleidung zu verwenden.
Was kann der Fundus leisten?
Monika Hinz: Ein Fundus ist sicherlich der nachhaltigste Ort zur Kostümgestaltung! Um möglichst viel in einem Fundus auszuleihen, muss das Angebot vielfältig sein und immer wieder durch Abkäufe oder Neukäufe aufgefrischt werden. Dazu braucht es den Dialog mit den Kostümbildnern um den Bedarf zu ermitteln oder Kostüme abzukaufen, die den Bestand sinnvoll ergänzen. Bedenken sollte man auch den Einsatz von bestimmten Materialien, wie Fleece, das beim Waschen Micropartikel abgibt und Daunen die durch Lebendrupf gewonnen werden und dazu eine teure chemische Reinigung benötigen. Auch der Einsatz von biologisch abbaubaren Waschmitteln wäre wünschenswert!
"Bewusstsein schaffen, was die Arbeit eines Kostüm-/Szenenbildners konkret beinhaltet."
Wie bewertet der VSK das Thema?
Monika Hinz: Der VSK hat das Thema Nachhaltiges Produzieren ganz oben auf der Agenda.
Wie geht es weiter?
Monika Hinz: Wir werden im VSK sicher über Möglichkeiten nachdenken, wie man Anreize zu einem nachhaltigen Kostümbild und Szenenbild schaffen kann. Mir persönlich ist es wichtig, dass wir auch dranbleiben bereits an den Hochschulen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was die Arbeit eines Kostüm-/Szenenbildners konkret beinhaltet. Nur wenn wir die Arbeit eines Departments wirklich kennen und verstehen, können wir gemeinsam ein Bewusstsein für eine nachhaltige Verbesserung schaffen.
Uns ist aufgefallen, dass viele Kunden sich privat extrem für dieses Thema interessieren, eine entsprechende Einstellung im Arbeitsalltag jedoch nicht umsetzen können. Was würden Sie jedem Einzelnen raten um das Problem anzugehen und letztendlich gemeinsam etwas zu erreichen?
Monika Hinz: Für mich der beste Weg: Sich in Verbänden solidarisieren, um dann gemeinsam mit Produktionen, Sendern und Auftraggebern an Lösungsmodellen zu arbeiten.
Mehr über den Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild e.V. erfahren Sie unter www.v-sk.de