Im Mittelpunkt von “Sturm der Liebe” steht das Fünf-Sterne-Hotel Fürstenhof, das inmitten malerischer ländlicher Idylle den Rahmen für romantische, zuweilen tragische Liebesgeschichten und allerlei Intrigen bildet. Die Protagonisten stehen meist in enger familiärer Beziehung zur Hoteliersfamilie Saalfeld.
Die Telenovela wurde 2005 ursprünglich für 100 Folgen entworfen und entwickelte sich zu einem erfolgreichen Format mit inzwischen über 3000 Folgen. Weltweit wurden die Rechte an über 20 Sender verkauft, “Sturm der Liebe” ist unter anderem in Italien, Frankreich, Litauen, Polen und Kanada zu sehen.
“Sturm der Liebe” wird als “modernes Märchen” aufgefasst. Was bedeutet das für das Szenenbild?
Claudia Walter: Das Hauptmotiv ist ein historisches Schloss, das sich laut Geschichte im Umland von Bad Tölz in einem fiktiven Bauerndorf namens "Bichlheim" befindet. Bei den Außenmotiven wie den Almwiesen und Dörfern legen wir Wert auf den Charme des Voralpenlandes. „Sturm der Liebe“ spielt in der Gegenwart, mittlerweile haben also Tablets und Smartphones Einzug gehalten, und trotzdem haben nostalgische Gegenstände ihren festen Platz. In den Außenmotiven versuchen wir Strommasten und -kästen oder Straßenschilder, wenn sie inhaltlich nicht notwendig sind, zu vermeiden oder mit besagten nostalgischen Gegenständen wie Blumenkübeln zu verdecken. Die malerischen Landschaftsaufnahmen werden unterstützend zwischen den Bildern eingefügt.
Im Zentrum einer Staffel steht die Liebesgeschichte eines Paares, wobei die Liaison in den Grundzügen entweder dramatisch oder romantisch angelegt ist. Welchen Einfluss hat diese Anlage auf die Vorbereitung der Ausstattung?
Claudia Walter: Die Sets der beiden Hauptdarsteller werden immer dem Beruf und dem Hobby angepasst. Die Stimmungslage spielt zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich eine Rolle.
Das Hotel “Fürstenhof” steht von Beginn an im Zentrum der Handlung. Nun haben Hotelausstattungen im Allgemeinen etwas Unverbindliches. Welche Tricks helfen dabei die Persönlichkeit der Charaktere und die spezielle Geschichte im Raum zu spiegeln?
Claudia Walter: In Motiven, die von den Figuren bewohnt und genutzt werden, gehe ich selbstverständlich auf die Persönlichkeiten und Charaktere ein. Zum Beispiel bewohnt die Familie Saalfeld einen Hoteltrakt. Je nachdem welche Personen dort das Sagen haben, verändert sich die Dekoration, die Einrichtung im Wohnzimmer. Im Moment ist es Christoph Saalfeld, ein eher unangenehmer Zeitgenosse in der Geschichte. Die Dekoschals der Fenster sind in einem Eisblau gehalten und "brechen" mit der restlichen Einrichtung, wirken unangenehm, so wie Christoph, der nun zwischen den altbekannten Saalfelds in der Wohnung lebt und für Unruhe sorgt.
“Sturm der Liebe” ist eine Telenovela. Was bedeutet dieses Format für die Ausstattung im Vergleich zu einer Serie?
Claudia Walter: Es gibt keinen Unterschied, lediglich ein höheres Pensum und entsprechend ein größeres Team.
Du leitest im Art Department ein Team von 20 Mitarbeitern. Wie teilt ihr euch auf?
Claudia Walter: Wir sind mittlerweile 21 Personen, bestehend aus meiner Assistentin, zwei Außenrequisiteuren, vier Setrequisiteuren, vier Setrequisitenassistenten, einer Requisitenhilfe, einem Fahrer, einem Setdresser Studio, zwei Setbaubühnen, einer Studiobetreuung, einem Hausmeister an unserer Drehvilla, einem Gärtner im originalen Schlossgarten und mir. Ein Außenrequisiteur bereitet eine Woche vor und betreut die Folgewoche, in der die andere Außenrequisite ihren Block (so nennen wir die Wochen) vorbereitet. Pro Tag wird eine Folge produziert. So entsteht ein gerader und ein ungerader Block. Mit den Setrequisiteuren und ihren Assistenten verhält es sich ebenso, wobei sie abwechselnd das Studio und den Außendreh betreuen. Für alle weiteren Personen gilt diese Aufteilung nicht. Das bedeutet Vorbereitung, laufender Dreh und Rückbau laufen parallel.
Man darf es wirklich noch einmal betonen: Es ist der Wahnsinn, was ihr jeden Tag auf die Beine stellt. Pro Drehtag entsteht eine komplette Episode mit ca. 48 Minuten, fünf in der Woche. Mit dem Studio habt ihr eine gute Basis und trotzdem muss viel auf-, ab- und umgebaut werden. Wie setzt ihr das technisch um?
Claudia Walter: Genau, es wird ständig auf- und abgebaut. Das geschieht parallel zu den Dreharbeiten, wobei während der Proben und der Aufnahmen immer gestoppt werden muss, da es sonst die Tonaufnahmen und die Schauspieler stören würde. Das ist anstrengender als man denkt, da man ständig Rücksicht nehmen muss. Da aber das Pensum sehr hoch ist - mit einer Folge pro Tag, wovon zwei Drittel im Studio gedreht werden - sind Umbauzeiten kaum einzurechnen. Die Rücksetzer und Winkel sind in Leichtbauweise hergestellt und mit einem "Plattenwagen" leicht für eine Person zu transportieren. Die Wechselwände befinden sich auf Rollen. In einem Bereich der Halle ist bereits bei der Planung 2011 eine Fläche für die Lagerung von mir berücksichtigt worden. Dort werden auch die Möbel, Stoffe und Kleinrequisiten für die umzubauenden Sets gelagert.
Wie viele Studioneubauten hast du für “Sturm der Liebe” bereits entworfen?
Claudia Walter: Ich bin seit 2007 für die Produktion tätig, deswegen weiß ich die Anzahl leider nicht mehr. Ich habe damals im Studio 2 die Arbeit übernommen und dort bereits im ersten Monat neue Sets bauen lassen. Es sind nicht nur neue Sets für wechselnde Rollen, sondern auch immer wieder Sets, die temporär eingebaut werden. 2011 habe ich die Halle 4/5 planen und bauen dürfen. Das Studio 2 hatte 864 qm und die Halle 4/5 hat nun 2100 qm mit insgesamt 40 Sets inklusive Wechseldekos.
Was ist die größere Herausforderung: Das Hauptset kontinuierlich weiterzuentwickeln oder die Spezialsendungen mit Feuerwerk, Sprengung des Fürstenhofes und einem Flugzeugabsturz in den Karpaten umzusetzen?
Claudia Walter: Die Arbeiten sind nicht wirklich miteinander zu vergleichen, es sind andere Anforderungen. Anteilig ist der Aufwand bei länger- und langfristigen Motive größer. Aber es ist nicht die Frage der Zeit, die den Aufwand ausmacht, sondern was das Motiv erzählen soll und was es können muss. Es ist allerdings wunderbar, dass die Arbeit so vielfältig ist und immer wieder eine neue Herausforderung für alle birgt. Herausforderungen sind ständig gegenwärtig, mit ihnen wächst man. Egal ob Teile eines Flugzeugwracks oder einfach nur eine Spieluhr, alles kann zu einer Herausforderung werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden müssen.
Das Konzept der Sendung beruht auf dem steten Fluss immer wiederkehrender Ereignisse, wie Hochzeiten, Feiern und Beerdigungen. Die Ausstattung bleibt dabei immer originell. Wie machst du das?
Claudia Walter: Danke für das Kompliment. Ja, Hochzeiten und Feiern jeglicher Art haben wir sehr viele. Wir, ich mach das ja nicht allein, sind eigentlich ständig für neue Ideen und Inspirationen offen und saugen alles auf wie ein Schwamm.
Weißt du noch wie viele Hochzeiten du seit 2007 umgesetzt hast? Gibt es ein kleines Must-Have, das neben der Grundausstattung mit Ringen und Torte nie fehlen darf?
Claudia Walter: (lacht) Auch diese Anzahl kann ich nicht mehr schätzen, da wir nicht nur Hochzeiten für unsere Hauptpärchen ausrichten. Wir haben darüber hinaus eine sehr hohe Anzahl an Hochzeiten von diversen Figuren - manche sogar mehrfach - gehabt. Eine wirkliche Grundausstattung kann man eigentlich nicht benennen. Die Ringe und Torten sind es im Grunde ja auch nicht. Sitzmöbel, Tische für gesetzte Tafeln, Einzeltische oder Stehtische, Dekostoffe, Luftballons oder andere Dekorationsgegenstände, Blumen, Geschirr, Gläser etc., das alles ist bei jeder Hochzeit anders. Aber wenn am „Fürstenhof“ gefeiert wird, dann wiederholt sich schon mal das ein oder andere Requisit, wie z.B. das „Fürstenhofgeschirr“ und Besteck oder Tischdecken.
Welche Hochzeit kommt deiner persönlichen Traumhochzeit am nächsten?
Claudia Walter: Bei jeder Hochzeit sage ich: Das war die Schönste! Das stimmt aber nicht. In der Euphorie nach getaner Arbeit bin ich erst so selig, dass ich das so wahrnehme. Alle Hochzeiten besitzen Elemente, die ich meiner persönlichen Traumhochzeit zuordne.
Die FTA vereint die Ausstattungsbereiche Möbel, Lampen, Stoffe und Requisiten unter einem Dach: Welche Abteilung ist deine Home-Base?
Claudia Walter: In erster Linie bin ich bei den Möbeln, Lampen und Stoffen zu finden. Allerdings habe ich auch einen Hang zum Detail und gehe deshalb sehr gerne zur Kleinrequisite.
Was ist ein wichtiges Requisit bei “Sturm der Liebe”?
Claudia Walter: Es gibt nicht "das eine Requisit". Aber ein Running Gag sind zum Beispiel die Eulen im Personalraum. Ursprünglich waren sie nicht für das Set vorgesehen. Doch die Zuschauerresonanz war so groß, dass die Eulen stehen blieben und das seit der ersten Staffel. Auch einen Wasserrohrbruch und einen Bombenanschlag haben diese Eulen überlebt.
Claudia Walter arbeitet seit 1996 als Szenographin. Nach einem Studium der Innenarchitektur an der FH Lippe in Detmold und dem Aufbaustudiengang Szenographie an der FH Rosenheim entwarf sie das Szenenbild für Produktionen der HFF Hochschule für Film und Fernsehen in München und überwiegend Action- und Abenteuerfilme. Es folgten Szenenbilder für Werbe- und Imagefilme und zahlreiche Dekorationen, so entwarf sie das erste "Haunted House" Deutschlands. Seit 2007 zeichnet sich Claudia Walter für das Szenenbild von Sturm der Liebe verantwortlich und betreut daneben weitere Projekte, unter anderem Bühnenbilder für Theaterproduktionen und die Ausstellung FILMKULISSE BAYERN in der Bavaria Filmstadt 2016.
seit 2007 Szenenbild „STURM DER LIEBE“, Bavaria Fiction GmbH
2016 Dekorationen FILMKULISSE BAYERN- Die Ausstellung/ Bavaria Filmstadt, Bayern Tourismus Marketing GmbH, FilmCommission des FFF Bayern
2010 Bühnenbild „NACH DER HOCHZEIT“, Metropol Theater München, Regie: Felix Bärwald
2006 Art Director „DIE ZEIT, DIE MAN LEBEN NENNT“, Rich and Famous Overnight Filmproduktion GmbH, Regie: Sharon von Wietersheim
2004 Szenenbild “ UM HIMMELS WILLEN ”, Neue Deutsche Filmgesellschaft mbH, Folgen 47- 52, Regie: Helmut Metzger und Folgen 40 - 46, Regie: Ulrich König
2002 Szenenbild “EISKALTE FREUNDE”, Endemol Filmproduktion GmbH, Regie: Ute Wieland
2000 Dekorationen MIP COM 2000 für BetaFilm/ 4 Filmkabinen “DUNE”, “SOPHIES WELT”, “TITANS”, “DER TUNNEL”
2000 Szenenbild “Die Toten Hosen”- Musikvideoclip “BAYERN”, , Indigo Filmproduktion GmbH, Regie: Peter Thorwarth
1999 Szenenbild “Siemens”- Image Film “FREIER FALL”, DreamLight Entertainment, Regie: Dennis Gansel
1997 Szenenbild “CASCADEUR- DIE JAGD NACH DEM BERNSTEINZIMMER”, Cascadeur Filmproduktion GmbH, Regie: Hardy Martins
1996 Szenenbild “PIRAT ADVENTURES”, HFF Hochschule für Film und Fernsehen München, Regie: Lars Goldenbogen